top of page
Suche
  • AutorenbildFelix

#13 // Zwischenhalt


Ich laufe durch die Straßen, der Kragen steht aufrecht, als würde er den November schön grüßen. Die Häuser sind hoch, ihre Fenster doppelt verglast und das warme Licht reicht bis zur Bordsteinkante, gerade so. Für die Türen brauchst du immer einen Schlüssel, in meiner Tasche klappern ein leeres Feuerzeug und ein Kronkorken um die Weltherrschaft. Der Schlüsseldienst kommt sonntags nur gegen Aufpreis, die Türen bauen sie heute so stabil, dass nichts hinein kommt, und nichts heraus. Wenn du Glück hast, passt dein Schlüssel in das Schloss von einem, bei dem die Heizung auf vier steht. Bitte komm nicht ohne Voranmeldung vorbei, ich bin nicht aufgeräumt. Der Türöffner surrt das Lied vom Tod. Wenn ich abends nicht mehr weiß wohin, fallen mir nur ein paar Straßen ein, in denen es eine Klingel gibt, die auf meinen Zeigefinger hören. Aber meistens laufe ich vorbei und fahre den Reißverschluss hoch. Ich möchte nicht stören. 

Ich schaue in die Gesichter. Von roten Lippen fallen bunte Geschichten, unter den Tischen ein seichtes Meer. In meinem Herzen werden die Farben braun. Die Wangenknochen scharf und kantig, man könnte sich daran die Handgelenke schneiden. Wer dich nicht kennt, der lässt dich nicht tief blicken, so lautet die Regel. Wir stellen Fragen in den Raum, niemand bietet ihnen einen Platz an. Das Lachen als Waffe, wann ist das eigentlich passiert, Camouflage für die Seele. Wer verstanden werden will, muss einen ausgeben, einmal im Jahr und einen Vorteil für jeden pro Woche. Wenn du jung stirbst, stehen dann viele an deinem Stein, aber nur dann. Wer keinem etwas bringt, bekommt auch nur die Pakete der Nachbarn an einem Samstagmorgen. Gegen fünf Uhr, wenn die gegangen sind, die sich nicht trauen, wagen sich manche aus der Deckung. In Fetzen hängen wir morgens in den Lidern der anderen, niemand weiß noch genau, was er gestern gesagt hat. Legenden des Vergessens, Hauptsache kein Knochen blitzt durch und erzählt von unserer Verletzlichkeit. 

Auf der Suche nach einem Platz, an dem es kein Morgen gibt. Der Irrweg als Lücke im Lebenslauf. In jedem zweiten Zimmer sitzt einer, der urteilen darf. Wie die dahin gekommen sind, lässt sich nicht nachvollziehen. Wie die Leben der anderen schmecken, wissen nur die, die den größten Hunger haben, und den kleinsten Esstisch zuhause. Wer sich die Zeit nimmt, die anderen zu verstehen, bleibt zurück, die Zeit kostet uns alles. Von oben treten sie, von unten ziehen sie. Mich hat man umerzogen, ich wollte alles mit links machen, aber jetzt ist das Glück seitenverkehrt. Hier und dort, es macht keinen Unterschied, wenn das Gefühl gleich ist, dass etwas nicht stimmt. Ein Leben lang mit der Brechstange um Verständnis bitten, das stand in keinem Märchennbuch. Wir zählen unsere Tage, als wären sie eine Last. Ein Leben lang Steine auf den Schultern, die wir selbst dorthin legen. Tausend Kilogramm Gedanken. Aber Hauptsache abends in unser Kissen vom Salz erzählen.

Es ist nicht alles schlimm. Aber es ist auch längst nichts an seinem Platz. Du nicht, ich nicht, das Wir als Überlebensstrategie von vielen, die sich zu viel sind. Wenn morgen einer käme, der mir den Ausweg zeigt, ich würde schon heute aufbrechen.

.felix wetzel.

8 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
Post: Blog2_Post
bottom of page